Neues Schmerzorgan in der Haut entdeckt

 

Freitag, 16. August 2019

 

Stockholm – Schwedische Forscher haben ein bisher unbekanntes Netzwerk von nozizepti­ven Schwann-Zellen in der Haut entdeckt, das offenbar für die Wahrnehmung von Schmerz­reizen zuständig ist. Die Studie in Science (2019; 365: 695-699) weckt die

Hoffnung auf neue Behandlungsmethoden für Polyneuropathien.

 

Bisher ging die Forschung davon aus, dass Schmerzreize über freie Nervenendigungen in der Haut wahrgenommen werden. Druck, Hitze/Kälte oder chemische Reize sollten hier in den Axonen Aktionspotenziale auslösen, die im Gehirn als Schmerz registriert werden.

Ein Team um Patrik Ernfors vom Karolinska Institut in Stockholm kann jetzt jedoch zeigen, dass die Nervenendigungen von Gliazellen umgeben sind, die ebenfalls auf Schmerzreize reagieren und die Signale an die Nervenendigungen weiterleiten.

Gliazellen sind nicht nur im Gehirn und Rückenmark vorhanden, wo sie vielfältige Funktio­nen von der Bildung der Nervenscheiden bis zur Abwehr von Krankheitserregern haben. Auch außerhalb des zentralen Nervensystems befinden sich Gliazellen in der Umgebung vieler Nervenfasern.

Die schwedischen Forscher konnten sie jetzt bei Mäusen in der Dermis nachweisen. Ihr Zellkörper befindet sich am Übergang zur Epidermis. Über ihre Zellausläufer bilden sie ein feines Netzwerk, das bis in die Epidermis reicht.

 

Mittels optogenetischer Experimente können die schwedischen Forscher zeigen, dass eine Reizung der Gliazellen, die Ernfors als nozizeptive Schwann-Zellen bezeichnet, Signale auf die Nervenfasern überträgt.

 

Für ihre Experimente versahen die Forscher die Zellen mit einem Protein, das auf Lichtreize reagiert. Bei den Versuchstieren konnte dann durch einen Lichtstrahl eine typische Abwehr­reaktion ausgelöst werden, etwa das Zurückziehen und Lecken der Pfote.

In den Nerven wurde eine vermehrte elektrische Aktivität nachgewiesen. Dies belegt, dass die Reize an das Gehirn weitergeleitet werden. Eine Blockade der nozizeptiven Schwann-Zellen führte zu einer Erhöhung der Schmerzschwelle.

Beim Menschen wurden die Zellen bisher nicht nachgewiesen, ihre Existenz erscheint je­doch wahrscheinlich. Die Ergebnisse könnten neue Wege zur Erforschung von Polyneuropa­thien aufzeigen, unter denen Patienten mit Diabetes und anderen Krankheiten leiden und deren Pathogenese noch weitgehend unerforscht ist. © rme/aerzteblatt.de

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/105376/Neues-Schmerzorgan-in-der-Haut-entdeckt?rt=cdc98efcd797a2a39d58021879247b82&fbclid=IwAR0UxsTg9SX0xTon80nNNhHREZzAyy0Rf9l4e5nMCUWRNLeCmbNqSEs1rqE

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